Völlig klar war für uns vor 14 Jahren, dass wir unser Haus
verkaufen und niemals wieder nach Sardinien fahren. Wenn dein Kind im Meer
verunglückt, dann willst du diesen Ort nie wieder sehen, nie wieder an diesen
schrecklichen Tag erinnert werden.
Dachten wir.
Ein halbes Jahr später fragte mich mein Mann, ob wir es
nicht doch noch einmal versuchen wollen. Ich lehnte zuerst ab, konnte mir das
beim besten Willen nicht vorstellen. Wie soll das gehen? Wie können wir jemals
wieder an diesem Strand liegen, an dem unser Kind gestorben ist?
„Wir müssen ja nie wieder nach Porto Alabe, wir könnten nach
Bosa an den Strand. Wir könnten die Fähre mit Reiserücktritt buchen, falls es
doch nicht geht. Aber vielleicht werden wir es irgendwann einmal bereuen, wenn
wir es nicht wenigstens versucht haben.“
Und so sind wir ein Jahr später mit unseren drei Jungs
gefahren. Vieles war schwer, angefangen vom Packen, über das Ankommen am Hafen,
das Beziehen der Kabine, und das Betreten der Insel. Der schlimmste Moment war
der, als wir mit dem Auto vor unserem Haus standen. Ich konnte zuerst gar nicht
reingehen.
Aber wir haben uns überwunden. Haben alle Erinnerungen
zugelassen, immer mal wieder geweint, aber nicht immerzu. Wir konnten auch
lachen, den Urlaub genießen, und an Julian denken. An den Strand von Porto
Alabe sind wir bis heute nicht mehr gegangen. Ein paarmal war ich alleine dort,
habe von oben auf die Unfallstelle geschaut, meistens in einem emotional
schlimmen Moment.
Dieses Jahr fahre ich das erste Mal mit der Süßmaus hin. In
Erinnerung.
Wir sind so froh und dankbar, dass wir das Haus nicht
verkauft haben. Hier ist die Erinnerung so lebendig. An keinem Ort der Welt denke
ich so intensiv an meinen Zweitgeborenen. Tränen gehören jedes Jahr zum Urlaub
dazu. Und das ist völlig ok. Julian ist ja jede Träne wert.
hm
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